Bunter Nachmittag mit der Turnabteilung
geschrieben am Donnerstag, 02.05.2013

110 Jahre TB 03 Roding - die Nachfolger vom Turnvater Jahn

Es war vor 110 Jahren, gar nicht weit von hier, im Blümelhuber-Keller, als 40 Rodinger Bürger zusammenkamen. Sie waren gar nicht so anders als wir heute. Denn genau wie wir hatten sie eins gemeinsam: sie waren sportbegeistert. Oder wie man damals sagte: begeistert von der Leibesertüchtigung. Also gründeten sie einen Sportverein, den Turnbund 03 Roding.
Damals schrieb der Generalanzeiger, dieser Verein sei "die richtige Art, sich die Zeit anständig zu vertreiben, den Körper zu stählen, gehen, stehen und – folgen zu lernen!"

Das mit dem "folgen" klappt heute nicht immer. Das merken unsere Übungsleiter in jeder Kinderturnstunde. Und bevor wir heutzutage unsere Körper "stählen", geht es meist erst einmal darum, das eine oder andere Fettpölsterchen loszuwerden, oder auch auf unsere Gesundheit zu achten.

Allerdings gibt es auch etwas von damals, das sich ganz einfach auf unsere heutige Zeit übertragen lässt: das Motto von Turnvater Jahn:
"frisch, fromm, fröhlich, frei".

Turnvater Friedrich Ludwig Jahn hat sich dieses Motto auf dem Giebel seines Hauses anbringen lassen. Ganz so weit ging die Liebe bei unserer Vereins-Ahnen nicht, aber sie integrierten es in unser Logo. Dort verstecken sie sich auch heute noch, die vier "F". Der eine oder andere hat sie vielleicht noch gar nicht entdeckt.

Was wollte Jahn uns mit diesen vier Begriffen sagen? 1843 erklärte er es:

Frisch, sagte er, sollen wir "nach dem Rechten und Erreichbaren streben".
Wollen wir das auf unsere Zeit übertragen, dann lässt sich das am besten so erklären: Auch wenn es beim Turnen nicht zur Olympiateilnahme reicht, schaffen wir mit frischen Kräften und Ausdauer das Turnabzeichen trotzdem.

Weiter erklärte Jahn, dass wir uns "frei halten" sollen "von der Leidenschaft, von dem Druck des Vorurteils und den täglichen Ängsten".
Wir wissen, der Sport kann unsere Ängste und Probleme nicht lösen. Aber durch den Sport werden wir selbstbewusster:
Wenn wir uns im Training verausgaben und im Wettkampf erfolgreich sind, können wir unsere Ängste besser kontrollieren und sind sicherer im Auftreten. Der Sport macht frei und fit, wir sind zufriedener und können damit unseren Alltag besser meistern. Auch Probleme, die unlösbar erscheinen, können wir so leichter bewältigen.

Das dritte F steht für Fröhlich. Wir sollen "fröhlich die Gaben des Lebens genießen", sagte Jahn. Wir sollen "nicht in Trauer vergehn über das Unvermeidliche, nicht in Schmerz erstarren" und "sich über das Misslingen der besten Sache erheben".
Nun, dass nicht alles auf Anhieb klappt, das können wir im Turnen allzu gut nachvollziehen. Das weiß jeder, der sich das erste Mal an einem Felgaufschwung versucht hat oder das erste Mal auf einem Einrad gestiegen ist. Frust hilft da nicht weiter, nur eins: Üben, üben, üben. Aber auch wenn etwas nicht so gelingt, wie wir es uns vorgestellt haben, bleiben wir Turner fröhlich und zuversichtlich.

Fromm, das vierte F schließlich, dazu sagte Jahn, dass wir "fromm die Pflichten erfüllen" sollen, dass wir "leutseelig und volklich" sein sollen. 
Fromm ist in unserer heutigen Zeit wohl ein veralteter Begriff, denken viele, aber für unser Zusammenleben ist er trotzdem sehr wichtig. Es geht darum, gesellschaftliche Werte und Normen zu akzeptieren, hilfsbereit zu sein und andere so zu nehmen wie sie sind – egal, wie sie aussehen, woher sie kommen oder wie sie sich geben. Vorurteile sind im Sport nicht angebracht: Hier ist jeder gleich.
Auch leutselig, das kann ich euch versichern, sind wir Turner auf jeden Fall. Ob es darum geht, mit einer Turnkameradin einen Geburtstag zu feiern oder beim Nordic Walking die neuesten Geschichten auszutauschen – wir sind bei allem dabei und immer füreinander da.

Liebe Sportfreunde, ihr seht: Vieles, was vor 110 Jahren galt, ist heute noch genauso gültig. Allerdings, das muss ich bei all den Ähnlichkeiten erwähnen: Ein Aspekt hat sich doch grundlegend geändert. Und das ist die Rolle der Frauen! 1903 galt es als "anrüchig", ja geradezu verwerflich, wenn eine Frau Sport trieb. Erst 1924 gab es das erste Frauen-Turnen in Roding. Inzwischen sind bei der Turnabteilung mehr Frauen als Männer aktiv. Auch die Vorstandschaft ist nur mit Frauen besetzt. Hier bräuchten wir eine Männer-Quote!!!
Aber keine Sorge: Männer-Turnen gilt bei uns nicht als "anrüchig". Im Gegenteil: wir sind eine bunt gemischte Abteilung, der es nicht immer darum geht, sportliche Höchstleistungen zu erzielen. Uns geht es um Gesundheit und um Fitness und vor allem um eines, gemeinsam zu sporteln und Spaß daran zu haben. Das war vor 110 Jahren schon so und ich bin überzeugt davon: das wird auch in den kommenden 110 Jahren noch genauso sein.

Damit Sie, liebe Zuschauer, einen kleinen Einblick bekommen, welche Aktivitäten die Turnabteilung das ganze Jahr anbietet, woran wir auch Freude haben, haben unsere Gruppen in den letzten Wochen recht fleißig trainiert und etwas für Sie vorbereitet, ich wünsche ihnen zwei kurzweilige Stunden in der Turnhalle – viel Spaß und vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

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